Romeo und Julia auf dem Dorfe

Inhalt:
«Was wäre im Gottfried-Keller-Jahr ein Programm ohne diese Rarität und Ikone des alten Schweizer Films? Die soziale Tragödie der Fehde zweier sturer Bauern um ein Stück Acker, die schicksalhaft in den Liebestod ihrer Kinder mündet, folgt getreu Kellers zweiter Novelle aus «Die Leute von Seldwyla». 1941 entstanden, steht das dunkle Poem quer zum Zeitgeist der Gesitigen Landesverteidigung, den auch das Kino damals zelebrierte.
Nachdem die Bauern Manz und Marti jahrelang stillschweigend beim Pflügen eine Furche des Ackers abgeschnitten haben, der herrenlos zwischen den Feldern liegt, geraten sie in Streit, als Marti an einer Versteigerung das Grundstück erwirbt. Langwierige Gerichtsverhandlungen ruinieren beide Parteien. Dadurch werden auch Sali Manz und Vreneli Marti, die Spielkameraden aus der Kindheit, getrennt. Erst als beide schon erwachsen sind, sieht Sali, jenseits eines Flusses unter einem blühenden Apfelbaum, Vreeli wieder. Im Kornfeld wird das Paar von Marti überrascht. Sali schlägt ihn nieder, als er seine Hand gegen Vreneli erhebt. Vreneli, die den Hof verkaufen muss, um die Schulden des Vaters zu begleichen, möchte, bevor sie wegzieht, einen einzigen glücklichen tag mit Sali verbringen. Am folgenden Sonntag essen die beiden in einer Gartenwirtschaft, besuchen eine Chilbi im Nachbardorf und begeben sich ins «Paradiesgärtli», wo sich das arme Volk amüsiert. Hier spielt ihnen der schwarze Geiger, der wahre Eigentümer des herrenlosen Ackers, zur Hochzeit auf, wie er es ihnen schon als Kind prophezeite. Im Morgengrauen besteigen Sali und Vreneli ein Heuschiff im Fluss, ihr Braut- und Totenbett zugleich, wie Nebelschwaden über dem Boot signalisieren.
Felix Aeppli
Unter widrigsten Umständen gedreht und vom Publikum unerklärlicherweise verschmäht, gilt der Film längst als Meilenstein und wurde in den 70er-Jahren zur wichtigen Referenzgrösse auch des neuen Schweizer Films. Visuell betörend im Sinne des «poetischen Realismus» eines Renoir oder Sjöström hat Regisseur Trommer den magischen Fluss der traurigen Hochzeitsfahrt evoziert. Und welche Leinwandkraft spricht aus den Gesichtern des Newcomer-Paars Winter-Kohlund und ihres dämonischen Cicerone, dem Schwarzen Geiger von Emil Gerber.
Martin Walder

Zitate:
«Sollte der Film beim Publikum wegen seiner schlichten Zartheit nicht den Erfolg haben, den es verdient, so blamiert es sich selbst damit!»
Neue Zürcher Zeitung, 1941
«Der schönste, echteste aller Schweizer Filme, dessen Tragweite man gestern nicht erfasst hat und der für heute und morgen noch wegweisend ist.»
Freddy Buache in: Le cinéma suisse Lausanne
«Diese dem literarischen Wurf ebenbürtige Verfilmung bezaubert durch Bilder von stärkster Ausdruckskraft, deren im Schweizer Film einmalige Schönheit das Werk mit einer traurigen Poesie verklärt. Die wenigen Dialoge fügen sich großartig in den Bilderfluß ein, den Trommer kommentierend begleitet. In seiner Schönheit und Stimmungsdichte ist dieses Werk im Schweizer Film bis heute unerreicht.»
Buchers Enzyklopädie des Films


Regie:
Hans Trommer, Valérien Schmidely

  • Drama
  • 1941
  • Schweiz
  • 102 min.
  • Schweizerdeutsch
  • UT: -
  • sw
  • 1.33:1
  • 14 J.
  • -

Start im Kiwi Scala:
2019-11-21

Ticket (per www.kiwikinos.ch)

Darsteller:
Margrit Winter (Vreneli Marti), Erwin Kohlund (Sali Manz), Johannes Steiner (Albert Manz), Emil Gyr (der alte Marti), Emil Gerber (der schwarze Geiger), Walburga Gmür (Frau Manz), Anni Dürig (Frau Marti), Ella Kottusch (Elise), Dorli Zäch (Vreneli als Kind), Richard Schuhmacher (Sali als Kind), Ursula von Wiese (Emmi, Kellnerin), Fred Lucca (Vagabund), Louis Mattlé (Anwalt), Hans Fehrmann (Bezirksvertreter), Max Röthlisberger (Salis Freund)

Drehbuch:
Hans Trommer

  • Produktion:
    Conrad Arthur Schlaepfer
  • Kamera:
    Ady Lumpert
  • Schnitt:
    Irene Widmer, Käthe Mey
  • Musik:
    Jack Tommer, Walter Zollinger
  • Ausstattung:
    Fritz Butz

Filmclub Scala
Cinedolcevita Schaffhausen